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Zur Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 11.09.2015, AZ: 4 C 3071/15
Hintergrund
Der Kläger begehrt den Ersatz restlicher Sachverständigenkosten für ein von ihm in einem Haftpflichtschadenfall in Auftrag gegebenes Gutachten. Nachdem die Beklagten diese Kosten nicht vollständig ausgeglichen hatten, bezahlte der Kläger diese selbst und ließ sich von dem Sachverständigen den Anspruch rückabtreten.

Aussage
Das AG Berlin-Mitte entschied, dass der Kläger von der Beklagten die restlichen Gutachterkosten in Höhe von 114,85 € gemäß vorgelegter Rechnung verlangen kann. In den Entscheidungsgründen führt das Gericht aus, dass ein Geschädigter als Herstellungsaufwand nur den Ersatz der „objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten“ verlangen kann.

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der Gutachterrechnung (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, AZ: VI ZR 225/13). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadenschätzung ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des „zur Herstellung erforderlichen Betrages“. Insbesondere bestehen dann auch keine Zweifel daran, dass die berechneten Kosten der dem Sachverständigen geschuldeten Vergütung entsprechen, da das der Geschädigte als Schuldner in diesem Fall selbst vorträgt und die Eingehung des Vertrages und die Zahlung auf dem Schadenereignis beruht.

Im vorliegenden Fall wurden neben dem Grundhonorar weitere Nebenkosten in Form von Fahrtkosten, Fotokosten, Schreib- und Telefonkosten in Rechnung gestellt, welche ca. 10 % über den Werten der BVSK-Honorarbefragung 2013, Honorarkorridor V lagen. Diese leichte Überschreitung musste den Geschädigten, dem diese Befragung weder bekannt ist, noch ihm bekannt sein muss, nicht dazu veranlassen, einen anderen Sachverständigen zu beauftragen. Das in Rechnung gestellte Honorar betrug vorliegend ca. 33 % der Schadensumme, was ebenfalls noch keinen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht indiziert.

Im Übrigen gilt, dass wenn der Rechnungsbetrag durch den Geschädigten beglichen wurde, der Schädiger und seine Haftpflichtversicherung im Hinblick auf eine etwaig überhöhte Abrechnung ausreichend geschützt sind, indem sie die Abtretung etwaiger Ersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Sachverständigen – auch im Wege der Einrede des Zurückbehaltungsrechts – geltend machen können. Eine solche Einrede hat die Beklagte vorliegend jedoch nicht erhoben. Die Gutachterkosten stellten daher einen „erforderlichen Aufwand“ dar und waren vollumfänglich zu erstatten.

Praxis
Das AG Berlin-Mitte geht gemäß der Rechtsprechung des BGH davon aus, dass der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen genügt. Zudem wird die BVSK-Honorarbefragung als taugliche Schätzgrundlage für die Üblichkeit von Sachverständigenkosten herangezogen.
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