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Wertminderung auch bei Youngtimer

AG Schwäbisch-Gmünd, Urteil vom 19.03.2021, AZ: 5 C 626/20
Hintergrund
Der Kläger erlitt mit seinem 19 Jahre alten BMW 750 i unverschuldet einen Verkehrsunfall. Der vom Kläger beauftragte Gutachter ermittelte einen Reparaturschaden in Höhe von 5.500,00 € und stellte weiterhin eine Wertminderung in Höhe von 1.000,00 € fest. Damit war die unfallgegnerische Versicherung nicht einverstanden. Sie war der Ansicht, bei einem 19 Jahre alten Auto könne eine solche Wertminderung nicht mehr anfallen. Das AG Schwäbisch-Gmünd sah dies allerdings anders.

Aussage
Das AG Schwäbisch-Gmünd bestätigte den Anfall einer Wertminderung in Höhe von 1.000,00 € für das verunfallte Fahrzeug. Es habe sich bei dem Unfallwagen um einen Youngtimer gehandelt. Vor dem Unfallereignis habe sich dieser in einem einwandfreien Zustand befunden und keinerlei Vorschäden aufgewiesen. Außerdem betonte das Gericht die geringe Kilometerleistung von 63.000 km laut Tacho. Das AG Schwäbisch-Gmünd bestätigte vor diesem Hintergrund eine Minderung des Marktwerts in Höhe von 250,00 € und eine technische Wertminderung in Höhe von 750,00 € – zusammen also die zugesprochenen 1.000,00 €. Die für den Wert eines Youngtimers so wichtige Originalität habe der Wagen nämlich durch die Reparatur verloren.

Praxis
Immer wieder kürzen die Versicherer die vom Gutachter ermittelte Wertminderung mit dem Hinweis, dass verunfallte Fahrzeug sei für den Anfall einer Wertminderung bereits zu alt gewesen. Dabei wird verkannt, dass es für die Ermittlung einer Wertminderung keine feste Altersgrenze gibt. So sieht es auch die Rechtsprechung.

Im konkreten Fall lagen durchaus außergewöhnliche Umstände vor. Bei dem 19 Jahre alten, vorher nicht beschädigten Youngtimer wirkte sich der Unfall besonders negativ aus. Auch für sonstige ältere Fahrzeuge gilt allerdings keine starre Altersgrenze. Das OLG Düsseldorf entschied am 26.06.2012 (AZ: I-1 U 149/11), dass auch bei älteren Fahrzeugen mit hoher Laufleistung sich ein Unfall nachteilig auf die Preisbildung bei einem Verkauf auswirken könne. Der Senat sprach für ein über fünf Jahre altes Fahrzeug mit einer Laufleistung von fast 140.000 km eine ersetzbare Wertminderung zu.

Auch beim Kauf älterer Fahrzeuge pflegt der Käufer, nach Vorschäden zu fragen. Regelmäßig wird der Zustand eines solchen Fahrzeugs dann zum Anlass genommen, den Kaufpreis zu verhandeln und zu drücken. Erwartet wird dann ein deutlicher Preisnachlass. Somit gibt es gerade keine starre Altersgrenze für den Anfall einer (merkantilen) Wertminderung.
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