zurück

Rückabwicklung eines finanzierten Fahrzeugkaufs; Klage am Sitz der Finanzierungsbank

OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2021, AZ: 6 U 769/20
Hintergrund
Zur Finanzierung des Kaufs eines Audi Q3 schloss die Klägerin bei der beklagten Bank im Juli 2014 einen Darlehensvertrag ab. Die Klägerin wohnt im Bezirk des LG Hechingen. Die Beklagte hat ihre Niederlassung in Braunschweig. Der Fahrzeugkauf wurde rückabgewickelt und die Klägerin machte nunmehr vor dem LG Hechingen den Rückzahlungsanspruch geltend. Die Beklagte rügte die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts. Hierauf wies das LG Hechingen die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig ab. Die Klägerin ging hiergegen in Berufung und unterlag.

Aussage
Das OLG Stuttgart hatte zu klären, ob im Hinblick auf einen finanzierten Fahrzeugkauf abweichend vom Grundsatz, dass am Sitz der finanzierenden Bank geklagt werden müsse, auch eine Klage am Gerichtsstand zum Wohnort des Darlehensnehmers in Betracht käme. Das OLG Stuttgart verneinte dies. Der Prozess hätte gemäß §§ 12, 17 ZPO beim zuständigen Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten geführt werden müssen. Insbesondere bestehe bei dem von der Klägerseite angerufenen Gericht kein besonderer Gerichtsstand, insbesondere nicht derjenige des Erfüllungsort gemäß § 29 ZPO. Denn das LG Hechingen habe zutreffend entschieden, dass der Erfüllungsort für die behauptete Geldschuld der Beklagten nach der für den § 29 ZPO maßgeblichen materiell-rechtlichen Regel der §§ 269, 270 IV BGB am Sitz der Beklagten in Braunschweig liege.

Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich um verbundene Verträge handelte. Der Erfüllungsort für die Rückzahlungsansprüche des Käufers liegt dennoch nicht dort, wo die Kaufsache vertragsgemäß sich befindet. Das OLG Stuttgart begründete dies damit, dass es vorliegend nicht um eine Leistungsstörung im Rahmen des Kaufvertrags gehe, vielmehr liege der die von der Klägerin angestrebte Rückabwicklung prägende Rechtsgrund im erklärten Widerruf des Darlehensvertrags. Die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsorts am Sitz des Käufers und Darlehensnehmers sei nicht gerechtfertigt (so schon Senatsurteil vom 28.04.2020, AZ: 6 U 316/19).

Das OLG Stuttgart hob die im Hinblick auf den finanzierten Fahrzeugkauf vorliegende Besonderheit hervor, dass die rückabzuwickelnden Leistungen nicht Zug um Zug zu erfüllen seien. Der Verbraucher wäre vielmehr vorleistungspflichtig, müsse also zunächst das Fahrzeug zurückgeben und könne dann die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Wenn also der vorleistungspflichtige Verbraucher vor der Geltendmachung seines Zahlungsanspruches das finanzierte Fahrzeug immer schon an die finanzierende Bank herausgegeben haben muss, dann gäbe es keinen Grund, seinen Wohnsitz zum Leistungsort für die Geldschuld zu bestimmen, nur, weil sich dort das Fahrzeug einmal befunden habe. Das OLG Stuttgart erwähnte auch eine abweichende Ansicht des OLG Hamm (Urteil vom 27.11.2019, AZ: I 31 U 114/18) und schloss sich allerdings ausdrücklich der abweichenden Ansicht dieses Senates nicht an. Auch Gründe der Prozessökonomie sprächen nicht dafür, übergesetzlich für alle Ansprüche aus widerrufenen Darlehensverträgen in beide Richtungen einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand zu begründen.

Praxis
In der Regel muss ein Verbraucher, der einen finanzierten Fahrzeugkauf rückabwickelt am allgemeinen Gerichtsstand der finanzierenden Bank klagen. Die (übergesetzliche) Begründung eines besonderen Gerichtsstands zu Gunsten des Verbrauchers sieht das OLG Stuttgart als nicht gerechtfertigt an. Allerdings sehen dies andere Gerichte offensichtlich abweichend. Nachdem hier die Klägerin im dem Rechtsstreit zunächst vor dem LG Hechingen und dann vor dem OLG Stuttgart offensichtlich nicht den Verweisungsantrag an das am Sitz der Beklagten zuständige Gericht gestellt hatte, blieb in beiden Instanzen den Gerichten nichts anderes übrig, als die Klage als unzulässig zurückzuweisen.
hoch
Gratisfahrt nach oben