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Kleiner Schadenersatz beim Abgassachmangel möglich

BGH, Urteil vom 24.01.2022, AZ: VIa ZR 100/21
Hintergrund
Ebenso wie der VI. Zivilsenat des BGH mit seinem Urteil vom 06.07.2021, AZ: VI ZR 40/20 befasste sich der vom Präsidium des Bundesgerichtshofs vorübergehend als Hilfsspruchkörper eingerichtete VIa. Zivilsenat mit der Gewährung von kleinem Schadenersatz in den sogenannten Abgassachmangelfällen. In diesem Fall des BGH kaufte der Kläger im September 2013 zum Preis von 12.999,00 € von einem Dritten ein Gebrauchtfahrzeug der Marke Seat Leon, der mit einem von der Beklagten (Volkswagen AG) hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgestattet war. Beim Kauf wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 60.400 km auf. Nach Bekanntwerden des sogenannten Abgasskandals ließ der Kläger ein von dem beklagten Hersteller entwickeltes Software-Update aufspielen. Zum 31.12.2019 betrug die Laufleistung des Fahrzeugs ca. 275.000 km. Der Kläger begehrte mit seiner Klage den sogenannten „kleinen“ Schadenersatz – nämlich die Differenz zwischen einem höheren Kaufpreis und einem gegebenenfalls niedrigeren Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags.Das AG Bonn wies mit Urteil vom 19.01.2021 (AZ: 106 C 7/20) die Klage auf kleinen Schadenersatz nebst Zinsen und auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten zurück. Das Berufungsgericht, das LG Bonn wies mit Urteil vom 06.07.2021 (AZ: 5 S 28/21) die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil zurück und verneinte auch den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten.

Aussage
Das Berufungsurteil wurde von VIa. Zivilsenat im Ausspruch zum kleinen Schadenersatz aufgehoben und zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der VIa. Zivilsenat führte aus, dass der Kläger kleinen Schadenersatz – nämlich die Differenz zwischen einem höheren Kaufpreis und einem gegebenenfalls niedrigeren Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrages – beanspruchen kann und entschied weiter, dass das Berufungsgericht deshalb die Klage nicht ohne weitere Prüfung der Höhe des Anspruchs des Klägers hätte abweisen dürfen.Der BGH wies allerdings darauf hin, dass in diesem Fall die Besonderheit besteht, dass der Kläger das bei einem Kilometerstand von 60.400 km gebraucht gekaufte Fahrzeug bei Klageerhebung schon weitere 215.000 km bis zu einem Kilometerstand von ca. 275.000 km gefahren war. Damit steht laut dem BGH im Raum, dass sich der Kläger im Wege der Vorteilsausgleichung den Wert von Nutzungen auf den kleinen Schadenersatz in dem Umfang anrechnen lassen muss, in dem der Wert der Nutzungen den Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss übersteigt.

Praxis
Wiederholt bestätigt der BGH, dass Kläger in den sogenannten Abgassachmangelfällen den kleinen Schadenersatz fordern können – nämlich die Differenz zwischen einem höheren Kaufpreis und gegebenenfalls einen niedrigeren Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags. Der BGH weist allerdings auch auf die Besonderheit der sehr hohen zurückgelegten Kilometerzahl während der Besitzzeit des Klägers hin und auf die Möglichkeit, dass sich dieser den Wert der Nutzungen auf den kleinen Schadenersatz in dem Umfang anrechnen lassen muss, in dem der Wert der Nutzungen den Wert des Fahrzeugs bei Vertragsabschluss übersteigt.
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