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Erstattbarkeit von Standgebühren, Transport- und Mietwagenkosten nach einem Kfz-Haftpflichtschaden

AG Ingolstadt, Urteil vom 25.04.2021, AZ: 14 C 1761/20
Hintergrund
Am 05.05.2021 verunfallte der Kläger mit seinem Pkw in Nördlingen. Verursacht wurde der Unfall durch den Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs. Dass die Beklagte für die Unfallschäden einzustehen hatte, stand außer Streit. Der Kläger war Leasingnehmer des verunfallten Fahrzeugs und dieses war am 08.02.2021 erstmalig zugelassen worden. Zum Zeitpunkt des Unfalls betrug die Laufleistung 3.712 km. Nach dem Unfall wurde das Fahrzeug zunächst auf das Betriebsgelände einer Firma in Nördlingen verbracht. Von dort wurde es einen Tag nach dem Unfall auf das Betriebsgelände des Autohauses des Vertrauens der Klägerseite weitertransportiert. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 271,74 € brutto an. Sodann wurde ein Gutachten erstellt, welches am 11.05.2021 vorlag. Die Bruttoreparaturkosten betrugen 22.415,89 €. Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 22.500,00 € brutto angegeben. Das Autohaus berechnete dem Kläger vom 06.05.2021 bis 17.05.2021 Standgebühren in Höhe von 10,00 € netto/täglich – mithin 142,80 € brutto. Weiterhin mietete der Kläger zur Überbrückung des Ausfalls seines defekten Fahrzeugs für die Dauer von 12 Tagen ein Ersatzfahrzeug der Klasse 5 an. Hierfür wurden ihm 850,85 € berechnet.

Die Beklagte regulierte Mietwagenkosten in Höhe von 437,28 €. Die Kosten für den Weitertransport des Fahrzeugs nach Dinkelsbühl bezahlte sie nicht. Außerdem musste der Kläger die ihm in Rechnung gestellten Standkosten in Höhe von 142,80 € einklagen. Die zulässige Klage war begründet.

Aussage
Das AG Nördlingen bestätigte sämtliche Schadenersatzpositionen, welche der Kläger vor Gericht geltend machte. Bezüglich der Mietwagenkosten schätzte das AG Nördlingen den erforderlichen  Herstellungsaufwand anhand des arithmetischen Mittels aus der Schwacke- und Fraunhofer-Liste (MODUS). Für den Fall klassegleicher Anmietung nahm es einen Eigenersparnisabzug in Höhe von 10 % vor. Das AG Nördlingen ermittelte so ortsübliche Mietwagenkosten in Höhe von 1.054,23 €. Selbst wenn man den Abschlag von 10 % berücksichtigte, würden die konkret berechneten Mietwagenkosten darunter liegen, sodass diese vollumfänglich zu ersetzen seien. Dies gelte auch für die Kosten des Transports des Fahrzeugs zum Autohaus des Vertrauens nach Dinkelsbühl. Der Kläger könne gemäß § 249 Abs. 2 BGB die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte, verlangen. Grundsätzlich seien die Abschleppkosten auf den Abschleppvorgang in die nächstgelegene geeignete Werkstatt beschränkt. Es hätte auch ein entsprechendes Autohaus in Nördlingen gegeben. Dennoch hielt das AG Nördlingen die Mehrkosten aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Menschen für zweckmäßig und notwendig. Dies ergäbe sich bereits daraus, dass der Kläger unbestritten nach dem Unfall noch eine Reparatur des Fahrzeugs in Erwägung Newsletter gezogen habe. Es bestehe daher ein nachvollziehbares Interesse, dass diese auch vom Autohaus des Vertrauens, in welchem das Fahrzeug auch geleast wurde, durchgeführt werde. Denn für den Fall, dass bei der Rückgabe des Leasingfahrzeugs die fachgerechte Durchführung der Reparatur bemängelt werden würde, ergäbe sich für den Kläger der unbestreitbare Vorteil, dass er nicht (schlimmstenfalls) einen Regressprozess gegen die Reparaturwerkstatt führen müsste. Er könnte die Leasinggeberin schlicht darauf verweisen, dass sie die Reparatur selbst durchgeführt habe. Die Abschleppkosten hielt das AG Nördlingen auch der Höhe nach für angemessen und beanstandete die berechneten 274,74 € nicht. Bezüglich der Standkosten war das AG Nördlingen davon überzeugt, dass das Fahrzeug vom 06.05.2021 bis 17.05.2021 im Autohaus in Dinkelsbühl stand. Aufgrund des Umstandes des Fahrzeugleasings sei das Autohaus auch nicht verpflichtet, zugunsten der unfallgegnerischen Versicherung das Fahrzeug bereits zu einem früheren Zeitpunkt zurückzunehmen. Die Höhe der Standgebühr von 10,00 € netto/täglich sei nicht zu beanstanden.

Praxis
Immer wieder kommt es in der Praxis der Unfallschadensregulierung vor, dass verunfallte Fahrzeuge zunächst vorläufig zu einem näher gelegenen Betrieb geschleppt werden. Sodann erfolgt allerdings ein Weitertransport zum Beispiel zu einer Vertrauenswerkstatt des Geschädigten. Das AG Nördlingen stellte nunmehr klar, dass hierfür entstehende zusätzliche Kosten ersetzbaren Schaden darstellen können. Im konkreten Fall lag dies daran, dass grundsätzlich eine Reparatur des Fahrzeugs ausweislich des vorliegenden Gutachtens in Betracht kam. Diese zog der Geschädigte dann auch noch in Erwägung. Er entschied sich zwar dann gegen die Reparatur, durfte allerdings trotzdem die Weiterverbringung des Leasingfahrzeugs zur Werkstatt seines Vertrauens beauftragen. Zu ersetzen sind selbstverständlich auch Standkosten, welche dadurch entstehen, dass das verunfallte Fahrzeug vom Autohaus verwahrt wird. Diese wurden in Höhe von 10,00 € netto/Tag angemessen berechnet. Die Schadenschätzung des AG Nördlingen bestätigte darüber hinaus die in Rechnung gestellten Mietwagenkosten. Hier erfolgte eine Schätzung nach der sogenannten Mittelwertrechtsprechung.
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