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Ersatzpflicht des Sachverständigenhonorars, sofern der Geschädigte es für plausibel hält

AG Detmold, Urteil vom 24.02.2023, AZ: 41 C 57/22
Hintergrund
Vor dem AG Detmold klagt das vom Geschädigten beauftragte Sachverständigenbüro (Klägerin zu 1) und die Geschädigte des Verkehrsunfalls selbst (Klägerin zu 2) gegen die einstandspflichtige Haftpflichtversicherung des Schädigers. Deren 100%ige Einstandspflicht steht außer Streit.

Streitgegenstand ist die Restforderung des Sachverständigenhonorars in Höhe von 89,25 € nebst Zinsen. Auf die Rechnung des Sachverständigen in Höhe von 1.198,21 € brachte die Beklagte vorinstanzlich 1.108,86 € in Ausgleich. Das bemessene Sachverständigenhonorar sah die Beklagte als um den streitgegenständlichen Wert überhöht an.

Aussage
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet. Der gewillkürte Parteiwechsel ist nach § 263 ZPO zulässig. Insbesondere ist die Klageänderung sachdienlich. Die Klägerin zu 2 hat im Folgenden einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung in Höhe von 89,25 € an Sachverständigenkosten gemäß §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 7 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 1 BGB. Das Gericht stellt fest, dass die Klägerin zu 2 als Geschädigte und Eigentümerin des Fahrzeugs aktivlegitimiert ist. Kosten für den Sachverständigen zählen grundsätzlich zu den Kosten und den Vermögensnachteilen, die vom Schädiger gemäß § 249 BGB auszugleichen sind. Dabei kann es grundsätzlich auch dahinstehen, dass der Schädiger die Kosten für den Sachverständigen als überhöht ansieht. Solange der Geschädigte selbst kein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung des Sachverständigen erkennt, sind diese Kosten auch vom Schädiger zu tragen, denn der Geschädigte ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Marktforschung für den günstigsten Sachverständigen zu betreiben. Unstrittig wurden bereits vorinstanzlich Sachverständigenhonorare in Höhe von 1.08,86 € bezahlt, sodass der streitgegenständliche Betrag von 89,25 € dem geschädigten Kläger zuzusprechen ist.

Aus der Sicht des vernünftigen Geschädigten stellen sich die hier abgerechneten Sachverständigenkosten jedoch als plausibel dar. Selbst der gekürzte Betrag lässt nicht darauf schließen, dass eine eindeutige Überhöhung des Honorars vorlag, da es sich bei der Kürzung um weniger als 10 % des Rechnungsbetrags handelt. „Zwar sind die konkreten Einwendungen der Beklagten insbesondere zu einzelnen Nebenkostenpositionen nicht von der Hand zu weisen, jedoch kann nicht ohne Weiteres festgestellt werden, dass ein Geschädigter zum einen solche Zweifel bei Ansicht der Nebenkosten haben muss und zum anderen diese im Vorfeld haben kann. Es ist nicht mit der notwendigen Sicherheit erkennbar, dass sich die Abrechnung des Sachverständigen für den Geschädigten als geradezu willkürlich darstellen muss.“ Auch die veranschlagten Fremdkosten stehen dieser Betrachtung nicht entgegen. Der Sachverständige ist grundsätzlich in der Lage, sich fremde Hilfe zu holen und für die Gutachtenerstellung eine Hebebühnennutzung in einer Fremdrechnung auszuweisen.

Praxis
Folgerichtig stärkt das AG Detmold hier die Rechte des Geschädigten, der in der Regel nicht wissen kann, wann Preise für den Sachverständigen überzogen und somit nicht mehr erforderlich sind. Regelmäßig wird zur Beurteilung dieser Erforderlichkeit die BVSK-Honorarbefragung herangezogen und die Grenze von 20 % über dem Maximalwert des HB-V-Korridors gesetzt. Die Honorare, die hierüber liegen, sind regelmäßig als nicht mehr erforderlich anzusehen.
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